Gutachten: bessere Versorgung durch Einzelleistungsvergütung mit Mengensteuerung

Eine Vergütung niedergelassener Ärzte für jede einzelne Leistung statt wie bisher pauschal ist ohne Kostenexplosion möglich. Dieser fundamentale Wechsel des Honorarsystems würde die Versorgung der Patienten bedarfsgerechter machen und manche belastenden Konflikte in der ambulanten Versorgung lösen. Das zeigt ein aktuelles IGES-Gutachten.

Berlin, 26. Juni 2014 (IGES Institut) - Damit es unter der Einzelleistungsvergütung (ELV) nicht zu den gefürchteten Mengenausweitungen kommt, sieht das IGES-Konzept flankierende Begrenzungsmechanismen vor. Kern dabei ist die Aufspaltung der Kosten in einen fixen und variablen Teil. Die variablen Kosten, in denen auch der „Arztlohn“ enthalten ist, werden für alle erbrachten Leistungen vergütet, die Fixkosten (z.B. Praxisausstattung) nur so lange, bis sie gedeckt sind. So sinkt der betriebswirtschaftliche Anreiz, mehr zu behandeln als medizinisch nötig.

  Zugleich wird alles, was Ärzte anbieten, kleinteilig definiert und mit einem Preis versehen, schlagen die IGES-Experten in dem für die Techniker Krankenkasse (TK) erstellen Gutachten vor. Die Preise der einzelnen Leistungen sind somit vor jedem Quartal bekannt und werden nicht nachträglich reduziert. Das erhöht die Planbarkeit und Transparenz für die Ärzte.

Einmalige Ausgabensteigerung von maximal 5,9 Prozent

Die IGES-Wissenschaftler haben die finanziellen Folgen dieser Umstellung basierend auf TK-Abrechnungsdaten simuliert. Dazu haben sie anhand der heutigen Verteilung von Fallzahlen, Abrechnungspunkten und Arbeitszeiten auf Arztpraxen modelliert, wie stark Ärzte mit ELV mehr abrechnen würden.

  Danach beläuft sich die zu erwartende Ausgabensteigerung einmalig auf 5,4 bis 5,9 Prozent. Dies entspricht einer zusätzlichen Vergütung von 1,29 bis 1,41 Mrd. Euro. Zum Vergleich: In den Jahren 2008 bis 2012 lag die Steigerungsrate zwischen 1,7 und 7,1 Prozent, jahresdurchschnittlich bei 3,7 Prozent. Die Umstellung sollte mit einem zeitweiligen Verzicht auf die üblichen Steigerungen verbunden werden, um Mehrkosten möglichst weitgehend zu vermeiden.

Vor der Implementierung Modellversuch starten

Der Wechsel brächte allen Akteuren Vorteile. So profitieren Patienten von einer ziel- und bedarfsgerechteren Versorgung, da die Vergütung sich wieder stärker am Behandlungsbedarf leichterer und schwerer Fälle orientiert. Weniger Honorarkonflikte erleichtern die Zusammenarbeit, um die Versorgung zu verbessern. Schließlich können die Krankenkassen einen direkten Bezug zwischen Leistung und Vergütung herstellen, was neue Möglichkeiten in der Qualitätssicherung bietet.
  Vor einer Umsetzung raten die IGES-Experten jedoch, die ELV zunächst in einem Modellversuch laufen zu lassen, um praktische Erfahrungen zu sammeln. Anschließend könnte sie mit einer Konvergenzphase implementiert werden.